Die Überflutung des Ahrtals, die Corona-Pandemie oder die Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge waren Großlagen, die tausende Freiwillige zur spontanen Hilfeleistung mobilisiert haben. Damit Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) diese Hilfe auch zielgerichtet einbinden und koordinieren können, fehlt es bislang an geeigneten Werkzeugen.
Das Leuchtturmprojekt KatHelfer-PRO soll die Situation ändern. Ziel ist es, die Koordination von freiwilligen Helfenden im Katastrophenfall durch intelligente Algorithmen und eine App zu verbessern - vernetzt mit den Einsatzleitzentralen und begleitet durch sozio-organisatorische Hilfestellungen zur Einbindung von Freiwilligen in die Arbeit professioneller Rettungskräfte. Neben der Verwendung modernster Technologien sollen die Erfahrungen und Forschungserkenntnisse der vergangenen Jahre gebündelt und zur schnellen Anwendung in der Praxis weiterentwickelt werden.
Dafür stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme „Innovationen im Einsatz – Praxisleuchttürme der zivilen Sicherheit“ rund 2,4 Millionen Euro Fördermittel für 2 Jahre bereit.
Im Projekt kooperieren
Darüber hinaus wird das Projekt von mehr als 20 assoziierten Partnern unterstützt, darunter der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter Unfall-Hilfe, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, die Berliner Feuerwehr, die Stadt Halle (Saale), die Stadt Cottbus, die Kreisverwaltung Ahrweiler, der Helferstab Hochwasser Ahr, die Senatsverwaltung für Inneres Digitalisierung und Sport der Stadt Berlin, das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, TÜV Rheinland, sowie weitere Universitäten und Wirtschaftsunternehmen.
Die Projektlaufzeit beträgt zwei Jahre, beginnend am 01.01.2023. Der Kick-off erfolgt am Donnerstag, 09.02.2023, im Rahmen der Fachveranstaltung „Digitalisierung in der zivilen Sicherheit“ in Berlin.
Im vorangegangenen Verbundvorhaben KUBAS wurde erforscht, ob und wie die stabsseitige Koordination ungebundener Spontanhelfender aus der Bevölkerung in Großschadenslagen (Hochwasser) mittels eines IT-Systems gelingen kann.
Es hat sich aber auch gezeigt, dass eine experimentelle technische Einzellösung den komplexen Anforderungen verschiedener Lagen nicht ganzheitlich genügen kann. Zentral ist dabei die Erkenntnis, dass auf dem Weg hin zu einer praxistauglichen und marktreifen Lösung noch einige Limitationen ausgeräumt werden müssen. Konkret werden daher im beantragten Projekt drei wesentliche Herausforderungen adressiert:
Tätigkeitenkatalog für Spontanhelfende
Ziel des Projektes KatHelfer-PRO ist es daher, eine soziotechnische Gesamtlösung zur Koordination von Spontanhelfenden zu entwickeln.
Grundlage der angestrebten Gesamtlösung bilden vornehmlich die Ergebnisse und Erfahrungen der erfolgreich abgeschlossenen Projekte KUBAS, ENSURE, REBEKA, WUKAS, KOKOS, KOPHIS und INKA der BMBF-geförderten Sicherheitsforschung
(SIFO). Durch diese umfassende Wissensbasis und bereits bestehenden Einzellösungen können viele technische und sozioorganisatorische Anforderungen im Zusammenhang mit der Spontanhelfendenkoordination adressiert werden (siehe Abbildung 1). Dies wird im Projekt unter Einbeziehung von BOS-Anwendern und Bevölkerung erprobt und wissenschaftlich validiert, um einen erfolgreichen Praxistransfer zu ermöglichen.
Das Projekt hat das Potential, einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der zivilen Sicherheit in Deutschland zu leisten.
Im Organisationskonzept werden Hilfestellungen für die sozioorganisatorischen Herausforderungen der Helferkoordination adressiert über
Das technische System wird iterativ im agilen Ansatz entwickelt. Es wird in die bewährte KATX-Plattform, deren Module KATWARN und KATRETTER bereits bei vielen Personen (mehrere Millionen App-Installationen) und BOS (ca. 100 Anbindungen) im Einsatz sind. Auf diese Weise werden Warn- und Helfersysteme miteinander verknüpft, um in Großschadenslagen als zentraler Kommunikationskanal zwischen BOS und Bevölkerung zu dienen. Zusammen mit der Integration in die Einsatzführungslösungen des Verwertungspartners T-Systems und der Einsatzführungs- und Stabsunterstützungssysteme weiterer assoziierter Partner (z. B. DISMA, CommandX) kann der Demonstrator weitläufig werden. Um die Bevölkerung großflächig einzubinden und auch in ihrer Diversität abzubilden, werden unter anderem neue Verfahren zur automatischen Informierung und Alarmierung über mehrere Kommunikationskanäle integriert und ein barrierefreies Design zu Grunde gelegt. Die entstehenden Lösungen werden während des gesamten Entwicklungsprozesses sowie in einer großen Abschlussübung umfassend mit Anwendern unterschiedlicher BOS validiert.
Für die Validierung zeichnen die Projektpartner DRK und MHD als Endanwender verantwortlich. Darüber hinaus wird eine enge Zusammenarbeit mit anwendungsorientierten assoziierten Organisationen (z. B. BBK, Johanniter-Unfall-Hilfe, Katastrophenschutzbehörde der Stadt Halle (Saale), Berliner Feuerwehr, Stadt Cottbus) verfolgt.